Nach einem freien Tag in Madrid, den wir für etwas Sightseeing nutzen konnten, ging unsere Reise bereits am nächsten Morgen weiter nach Ecuador.

Zum ersten Mal seit vielen Wochen stellten wir uns einen Wecker, wollten wir doch um 6:20 Uhr den Airport-Express-Bus nehmen. Die Fahrt zum Flughafen würde etwa 40 Minuten dauern und, da unser Flug um 11:50 Uhr starten sollte, würden wir so sicher mit ausreichender Zeitreserve eintreffen. Selbst wenn wir den Bus um 6:20 nicht schaffen sollten, sondern erst den nächsten um 6:40, würde sie noch komfortabel gross sein.

Natürlich war es am nächsten Morgen dann auch so, dass wir doch ein paar Minütchen länger brauchten, um unsere Siebensachen wieder zusammenzupacken, so dass wir es nicht mehr auf den 6:20er-Bus schafften. Aber egal, es würde ja auch so locker reichen. Wo der Bus am Bahnhof genau abfahren würde, was er kostet und wie die Fahrkarten zu bezahlen sind, hatten wir bereits am Vortag abgeklärt (5 € pro Person bar im Bus zu bezahlen).

Der Bus um 6:40 brachte uns also flugs zum Flughafen und wir trafen da so früh ein, dass unser Flug sogar noch nicht einmal auf der Abflugtafel aufgeführt wurde.

Unser Flug um 11:50 war auf der Tafel noch nicht einmal zu finden.

Im Gegensatz zu unserem Zug in Narbonne, der ebenfalls nicht aufgeführt wurde, und dann auch nicht fuhr, waren wir hier aber zuversichtlich, dass wir tatsächlich nur noch etwas warten mussten!

Flug IBE 6453 nach Quito um 11:50 endlich aufgeführt!

Na, wer sagt’s denn! Vierzig Minuten später erschien Flug IBE 6453 nach Quito auf der Tafel! Eingecheckt hatten wir schon am Vortag über Web-Check-In und wir brauchten nur noch Etiketten für unser Gepäck, das wir aufgeben wollten. Leider spuckte der Automat, der uns die Etiketten ausdrucken sollte, statt der Etiketten nur eine nichtssagende Fehlermeldung aus, so dass wir uns am normalen Check-In-Schalter anstellen mussten. War aber halb so wild, ging ganz fix.

Weg war unser Gepäck – also ab durch die Sicherheitskontrolle! Wer weiss, wie lange diese dauern würde. Immerhin werden am Flughafen in Madrid im Jahr über 50 Millionen Passagiere abgefertigt – fast doppelt so viele wie in Zürich. Damit ist er nach Passagierzahlen der viertgrösste Flughafen Europas und in den Top 25 weltweit.

Trotz der vielen Passagiere passierten wir auch die Sicherheitskontrolle im Nu und durften uns am Gate noch rund zwei Stunden die Zeit vertreiben. Da wir einen mehr als 11-stündigen Flug vor uns hatten, kam es auf die zwei Stunden aber überhaupt nicht an. Ausserdem war es Montag Morgen um 9:00 und rund 700’000 Schweizer Berufstätige, die ihren Job nicht mögen, starteten gerade in eine neue quälende Arbeitswoche.1 Da warteten wir stattdessen gerne zwei Stündchen auf unseren Flug in unser neues Leben!

Im Handumdrehen waren die zwei Stunden auch vorbei und unser Flieger war zum Einsteigen bereit. Wir starteten pünktlich und der Flug verlief ziemlich ereignislos.

An dieser Stelle jedoch vielleicht ein kurzer Instruktionsblock zu Flugzeugtoiletten:

Auch wenn der im folgenden Bild rot umkreiste Knopf sich in der Nähe des Wasserhahns befindet, und der darauf abgebildete Mensch ein bisschen so aussieht, als würde er eine Dosis Seife in Empfang nehmen, ist der Zweck des Knopfs offenbar nicht die Aktivierung des Seifenspenders. Auf jeden Fall war ich froh, hatte ich mein Geschäft bereits beendet, als der Flugbegleiter von aussen die Tür öffnete, weil er dachte, ich würde Hilfe benötigen!

Bald nach dem spassigen Toilettenplausch wurde auch schon der Sinkflug nach Quito eingeleitet und eine halbe Stunde später setzten wir nach einem Überflug Quitos sanft auf der Landebahn auf, die auf fast 2’400 Metern über Meer liegt. Hier herrschte bestes Wetter und es war kurz nach 16 Uhr – offenbar hatten wir auf den 8’800 Kilometern über den Atlantik Rückenwind und wir waren fast eine Stunde vor dem Zeitplan gelandet.

Quito kurz vor der Landung. Direkt unterhalb der Flügelspitze ist auf der kleinen Anhöhe der Flughafen zu erkennen.

Ich hatte vorab im Internet gelesen, dass gleich gegenüber der Ankunftshalle im Einkaufszentrum lokale SIM-Karten verkauft werden. So eine wollten wir uns holen, um unterwegs zu navigieren und mit unserem Airbnb-Host in Quito Kontakt aufzunehmen. Für unsere Schweizer SIM-Karten gab es zwar für Europa günstige Roaming-Pakete, aber für Übersee sind die Roaming-Kosten immer noch so horrend hoch, dass dies nicht mal für einen einzigen Tag eine akzeptable Option gewesen wäre.

Also marschierte ich in das Einkaufszentrum, um uns eine SIM-Karte zu holen. Der einzige „Laden“, den ich fand, der SIM-Karten verkauft, war allerdings nur ein kleiner Stand. Hier wurden SIM-Karten für 25 Dollar verkauft. Die gleiche SIM-Karte kostet in der Stadt oder online jedoch nur 5 Dollar. Hier am Flughafen den fünffachen Preis zu bezahlen, waren wir nicht bereit.

Also mussten wir irgendwie ohne mobiles Internet zu unserem Airbnb-Zimmer gelangen, das wir für die nächsten drei Wochen gemietet hatten. Wir wussten nur, dass unser Host José heisst, an welcher Adresse sich das Gebäude befand und dass das Gebäude über Sicherheitsdienst mit Wachmann verfügte.

Die einfachste Variante wäre gewesen, in ein Taxi zu steigen. Innerhalb von wenigen Minuten priesen uns mindestens ein Dutzend Taxifahrer ihre Dienste an. „Only 20 Dollars, only 20 Dollars!“ Danke, aber nein danke. Der öffentliche Bus, der zum Terminal Río Coca brachte, kostete bloss 2 $ pro Person. Von dort waren es noch etwa 2 Kilometer zu Fuss zu unserem Apartment.

Auch wenn wir optisch sofort als „Gringa“ und „Gringo“ erkennbar sind, wollen wir die kommenden Monate in Südamerika nicht wie Kurzurlauber verbringen. Wir möchten die Kultur kennenlernen und wir können uns für alles viel Zeit lassen. Das Taxi hätte nur eine Dreiviertelstunde für die Fahrt in die Stadt benötigt. Der Bus würde anderthalb Stunden bis nach Río Coca benötigen und der anschliessende Spaziergang würde noch einmal 20 Minuten dauern. Egal. Wir waren sowieso eine Stunde früher dran als geplant und ohne Internet konnten wir dies unserem Host sowieso nicht mitteilen.

Den richtigen Bus hatten wir schnell ausfindig gemacht. Als wir den Fahrer, der neben dem Bus stand, fragen wollten, wie es mit den Fahrkarten funktioniere, bedeutete er uns lediglich mit einer winkenden Geste, einzusteigen. Ein paar Minuten später setzte er sich, eine pechschwarze Rauchwolke ausstossend, in Bewegung und ein Busbegleiter (optisch nicht als solcher erkennbar) startete seine Tour durch den Bus, um bei allen Passagieren die 2 $ für die Fahrt einzukassieren. Die Türen wurden nicht geschlossen und bei jeder Haltestelle sprangen Leute in den Bus und hinaus, bevor dieser überhaupt angehalten hatte.

Mittlerweile war die Sonne untergegangen, die Lichter der Stadt funkelten und langsam schlängelten wir uns dem Zentrum entgegen. Die Strasse war voller Menschen und kleinen Essensständen, deren Duft den Gestank des Busses übertünchten. Aus den Lautsprechern im Bus schallte lateinamerikanische Trompetenmusik. In Europa war es jetzt schon nach Mitternacht und wir waren müde. Aber glücklich und neugierig auf die kommenden Monate.

Am Bus-Terminal Río Coca angekommen, schulterten wir unsere Rucksäcke. Das öffentliche WLAN am Flughafen war gerade gut genug, um die Google-Map für den Spaziergang von Río Coca zum Apartment zu laden und einen Screenshot zu erstellen. Kompliziert war die Route nicht, es ging fast nur geradeaus.

Etwa eine halbe Stunde vor der Ankunftszeit, die wir mit unserem Host vereinbart hatten, standen wir vor dem Gebäude. Neben der Eingangstür war hinter einer verdunkelten Scheibe die Silhouette eines Wachmann zu erkennen. Durch kleine Schlitze versuchten wir zu erklären, wer wir waren und was wir hier wollten. Da die Strasse ziemlich laut war, verstanden wir kein Wort von ihm – und hätten wir ihn akustisch verstanden, hätten wir ohne Spanischkenntnisse trotzdem kein Wort verstanden! Mittlerweile war es etwa 20 Uhr – in der Schweiz also 2 Uhr morgens. Langsam waren wir wirklich müde und brauchten eine Dusche und ein Bett!

Irgendwann erkannte der Wachmann, dass wir ihn wirklich nicht verstanden und dass von uns keine Gefahr ausging, und er öffnete uns die Eingangstür. Jetzt konnten wir ihn wenigstens akustisch verstehen und uns zusätzlich mit Zeichensprache verständigen. Wir kannten blöderweise nur den Vornamen unseres Hosts und wussten auch die Nummer seines Apartments nicht. Glücklicherweise fand ich irgendwann in einem Screenshot einer E-Mail seine Telefonnummer und der nette Wachmann rief ihn für uns an – wir hätten ihn ja sowieso nicht verstanden. Beim zweiten Versuch erreichte er ihn sogar und unser Host meinte, er würde in einer halben Stunde hier sein. Bis dahin durften wir auf einem bequemen Sofa im Foyer Platz nehmen und der geduldige Wachmann spendierte uns sogar einen Snack aus dem Automaten!

Bald stand José in der Tür und hiess uns willkommen. Er sprach sogar etwas Englisch. Als er im obersten Stock die Tür zu seinem Apartment aufschloss, waren wir überrascht, wie gross es war. Und die Aussicht auf die Stadt durch die grosse Glasfront des Wohnzimmers war atemberaubend – auch wenn wir unsere Augen kaum noch offen halten konnten.

Kurz nach 22 Uhr lagen wir im Bett, nach fast 23 Stunden auf den Beinen. Wir schafften es gerade noch, uns zuzudecken, bevor uns der Schlaf übermannte.

Die ersten zwei Wochen in Quito

Etwa um 6 Uhr wachten wir am nächsten Morgen auf und uns bot sich diese Aussicht aus unserem Zimmer.

Um in Quito anzukommen, machten wir erst einmal ein paar Spaziergänge. Wir würden mehrere Monate hier sein und müssen deshalb nicht alle Sehenswürdigkeiten in einer Woche abklappern. Lieber schauen wir uns erst einmal etwas die Umgebung an und klimatisieren uns an.

Zwei Tennisspieler auf einem öffentlichen Tennisplatz. Es war Morgen und noch nicht einmal 7 Uhr. Ecuadorianer stehen offenbar früh auf.
Hauptsache, sie behalten den Durchblick!
Einbetonierte Glasscherben sieht man hier häufig.

Gleich hinter unserem Apartment befindet sich der Parque Metropolitano. Perfekt für Spaziergänge und um eine Runde zu joggen (auch wenn man auf fast 3’000 Metern über Meer schnell ins Schnaufen kommt!).

Mittlerweile haben wir auch die erste Woche in unserer Spanisch-Schule hinter uns. Die Schule ist zu Fuss keine zehn Minuten von unserem Apartment entfernt. Im Moment hat sie insgesamt nur fünf Schüler und Anika und ich sind deshalb nur zu zweit in einer „Klasse“. Wir machen Fortschritte, auch wenn nur langsam. Für mich ist es einfacher als für Anika, da ich ein bisschen Französisch kann. Die Lehrer und die anderen Schüler (Bruna aus Brasilien, Blake aus den USA und David aus Fribourg) sind alle supernett und Alvaro, der Schulleiter, verteilt gerne Eis und Fruchtsalat in den Klassenzimmern oder versteckt sich mit einer Maske hinter der Tür!

So, jetzt müssen wir aber los. Spanisch-Vokabeln büffeln! Nächste Woche geht’s nochmal in die Schule und danach beginnt unsere Freiwilligenarbeit in Pomasqui.

Hasta luego!

1 Offenbar sind 14 % von 5.1 Millionen Erwebstätigen in der Schweiz mit ihrem Job unzufrieden.